Eine Fotomontage mit der Flagge von Gambia

Verein Gambia-Hilfe e.V.

Lamin: Ein besonderer Krankenpfleger aus Gambia

Lamin (28) freut sich auf die neue Solaranlage für die Wolters Clinic. Denn sie bedeutet für den Alltag dort, dass keine Taschenlampen oder Kerzen mehr benötigt werden, um Licht zu haben. Lamin arbeitet in der Wolters Clinic im Dorf Changally in Gambia. Diese liegt weit entfernt von Strom- und Wasserleitungen.
Lamin ist hier im Dorf aufgewachsen und zur Grundschule gegangen. Letzteres wurde ihm erst möglich, als er Frau Eickholt 1997 fragte, ob sie nicht einen Sponser für ihn finden könnte, der ihm die Schule finanziert. Zurück in Deutschland war die Suche tatsächlich erfolgreich und ein Spender übernahm die Schulkosten für 12 Jahre. Seine Eltern erhielten jährlich das Geld, musste aber Schuluniform und Essen selbst finanzieren. Daher war es auch trotz der Unterstützung aus Deutschland eine schwierige Zeit für die Familie.
Nach der Schule entschied sich Lamin Krankenpfleger zu werden und konnte auch dabei vom Verein unterstützt werden. Nach der Ausbildung arbeitete er zwei Jahre in der Wolters Clinc und konnte dabei viele wertvolle Erfahrungen sammeln. Anschließend wechselte er in eine andere Klinik, die auch Forschung betreibt. Als jedoch die Wolters Clinic in seinem Heimatdorf wegen Personalmangel einen Monat lang schließen musste, entschloss sich Lamin dorthin zurück zu kehren. Denn sein Dorf ohne medizinische Versorgung? Nein, den Gedanken konnte Lamin nicht ertragen.
Das Leben in Changally ist nicht einfach. Tagsüber herrscht hier große Hitze, es gibt keine Klimaanlagen oder Ventilatoren. Staub ist überall, es gibt keine Straßen. Nur unbefestigte Sandwege, die in der Regenzeit überschwemmt werden. Bei Nacht gibt es kein Licht und Autos im Dorf generell nicht. Zumindest gibt es seit 2020 durch Spenden für unseren Verein einen Krankenwagen für die Wolters Clinic. Da es keinen Strom gibt, gibt es auch keinen Fernseher, kein Kino oder andere Freizeitgestaltungsmöglichkeiten. Und so geht Lamin mit dem Einbruch der Dunkelheit um 19:30 Uhr früh schlafen. Denn es könnte ein Notfall eintreffen.
Lamin ist rund um die Uhr für die Bewohner*innen von Changally und den umliegenden Dörfern ereichbar. Patient*innen können Tag und Nacht zu ihm können und leider muss er dann auch oft Entscheidungen treffen, die ihm eigentlich ein/e Ärzt*in abnehmen müsste. Doch in Gambia gibt es nur wenige Ärzt*innen und diese wenigen arbeiten nur in größeren staatlichen oder privaten Kliniken. Krankenpfleger*innen wie Lamin sind auf sich gestellt und muss im Zweifelsfall über Leben und Tod entscheiden, obwohl ihm oft natürlich das Wissen für die notwendigen Behandlungen fehlt. Ihm bleibt dann nichts anderes übrig als zu Improvisieren und mit den Konsequenzen zu leben.
Was das Leben in Changally bedeutet und welchen großen Wert die von den Spendengeldern betriebene Wolters Clincic für die Bewohner*innen hat, erfuhren unsere Vereinsmitglieder während dem letzten Arbeitseinsatz vor Ort im März 2022. Ein Kind wurde geboren, ein Junge brach sich den Arm, ein Mädchen befand sich in einem lebensbedrohlichen Allgemeinzustand und musste umgehend in ein großes Krankenhaus gebracht werden, ein Kleinkind hatte eine tiefe Wunde auf dem Fuß, die genäht werden musste. Für unser Vereinsmitglied Herr Heidecke, der selbst Rettungssanitäter und Narkosepfleger in Deutschland ist, war es bereits der dritte Einsatz in Changally und er war von der Arbeit Lamins sehr begeistert. Er hatte nun sogar die Leitung der Wolters Clinc übernommen und kümmert sich neben den medizinischen Belangen auch um den Kontakt mit unserem Verein, die Zusammenarbeit mit den Behörden, der Auszahlung von Gehältern und um die Spenden. Heidecke: "In Extremsituationen arbeitet er ruhig und überlegt, muss Wunden nähen, das richtige Antibiotikum verschreiben, bei Geburten - ohne Hebammenkenntnisse - unterstützen, und vieles mehr. In Deutschland wäre das nicht vorstellbar. Er hat niemanden, der unterstützend gefragt werden kann. Er kann nur täglich versuchen, die richtige Entscheidung zu treffen."
Das nächste Projekt ist eine größere Solaranlage, welche durch eine großzügige Spende durch die Wolters GmbH ermöglicht wird. Die Gütersloher Firma war vor vielen Jahren auch die Namensgeberin für die Klinik. Durch die neue größere Solaranlage kann dann Strom auf dem gesamten Klinikgelände verteilt werden und möglichweise sogar ein kleiner Kühlschrank betrieben werden, in dem Medikamente und Impfstoffe aufbewahrt werden können. Dann gibt es endlich auch genug Licht um z.B. Geburten während der Nacht zu begleiten und dabei auf Kerzen und Taschenlampen zu verzichten.
Dass Lamin so viel Verantwortung trägt, macht das Leben für die Menschen im Dorf erträglicher. Denn es ist mit viel harter Arbeit verbunden, die wir uns in Deutschland so nicht vorstellen können.
Es ist normal dass Menschen in Gambia die Geld verdienen, damit ihre Famile unterstützen müssen. So ist es auch bei Lamin, der mit seinem Gehalt medizinische Behandlungen, Schulgelder, Nahrung und weiteres bezahlen muss. Denn in seiner Familie ist er einer der wenigen mit einem Einkommen. Für ihn ist es ein großes Glück, dass er Krankenpfleger werden konnte. Natürlich hat Lamin auch Träume, z.B. Arzt zu werden. Aber in Gambia gibt es nur wenige Studienplätze, die mit Stipendien oder guten Beziehungen möglich sind. Ein Auslandsstudium ist für ihn unbezahlbar. Viele junge Menschen welche die Schule besucht haben, würden auch gerne eine Ausbildung machen. Aber nur wenige können die Kosten dafür aufbringen. Eine dreijährige Ausbildung kostet mit Unterkunft circa 4000€. Lamin und unser Verein, der zur Zeit 70 Schulkinder sponsort, hofft dass noch vielen anderen Menschen eine Ausbildung ermöglicht wird.

Eine Frau mit Baby sitzt beim Krankenpfleger

Lamin spricht mit der Mutter eines Babys

Bericht: Eine Reise nach Changally 2011/2012

Ein Foto in Manjai beim Medikamente einsortierenMein Name ist Birgit Vorlaender, ich bin 45 Jahre alt und seit 3 Jahren in dem Verein Gambia Hilfe aktiv. Da es in diesem Winter mein dritter Besuch in Gambia war, war ich mit dem Umfeld schon bekannt und konnte ohne großen Aufwand an die Arbeit im vorigen Jahr anknüpfen.
In Manjai angekommen, erwartete mich schon eine Containerlieferung aus Deutschland, mit zahlreichen Medikamenten, die nur darauf warteten ausgepackt und einsortiert zu werden.
Dank unserer neu eingeführten Ordnung im Medikamentenlager, lässt sich der Verbrauch der einzelnen Medikamente mit Hilfe einer Excel Tabelle verfolgen und nachvollziehen.
Da meine Reise jedoch weiter ging, habe ich im Anschluss daran die Medikamente für die nächsten vier Monate, der Klinik in Changally gepackt. Außerdem fehlten noch Medikamente, die wir in der Hauptstadt Banjul in einer Apotheke, die speziell Kliniken versorgt, dazu kaufen konnten.Dann ging es am frühen Morgen des nächsten Tages nach Changally. Das kleine Dorf liegt ca. 300 km im Landesinneren. Da die Straßen teilweise sehr schlecht sind, benötigt man für die Strecke 8-9 Stunden. Oft muss auf die Fähre gewartet werden, da das Dorf auf der anderen Flussseite des Gambia-River liegt.

Ein Foto in von der Klinik in ChangallyIn der Klinik und im Dorf wurden wir auf das Herzlichste begrüßt. Brigitte Eickholt, die die Klinik mit ihrem verstorbenen Mann aufgebaut hat, er wollte etwas für sein Dorf tun, wurde vom Ältesten Rat besucht. Alle Dorfbewohner sind sehr dankbar über die Klinik, haben aber auch weitere Wünsche für ihr Dorf, z.B. einen Kindergarten, ein Gartenprojekt, das schon mal gut gelaufen ist, aber durch Krankheit und Buschfeuer jedoch zum Erliegen kam; eine Ambulanz für Notfälle und Unterstützung für das Schulessen.Die Klinik und das Gelände selbst waren in guten Zustand, im letzten Jahr haben wir bei unserem Einsatz umfangreiche Renovierungs - und Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, sodass dieses Jahr nur Kleinigkeiten anstanden.
Die Klinik versorgt im Jahr ca. 8.300 Patienten, im letzten Jahr gab es 36 Geburten. Es werden Erstversorgungen der Patienten durchgeführt. Häufige Erkrankungen sind Malaria, Wurm- und Pilzerkrankungen. Durch Mangelernährung sind die Menschen sehr anfällig. Atemwegserkrankungen sind an der Tagesordnung, das Klima ist in dieser Jahreszeit heiß und sehr trocken, tagsüber steigen die Temperaturen auf 35-40°C. Wenn dann noch Wind dazu kommt, ist der Staub überall im Nasen- und Rachenraum und die Anzahl an Infektionen steigt.
Vormittags war ich meist in der Klinik. Bei den einheimischen Erkrankungen sind mir die beiden Krankenpfleger, die dort die Funktion eines Hausarztes haben, deutlich überlegen. Es kommt aber immer zum kollegialen Austausch und damit zu neuen Ideen, sodass beide Seiten davon profitieren. In der Wundbehandlung kann ich meist gut unterstützen, da immer wieder neue Verbandsmaterialien aus Deutschland mitgebracht werden, für die es an Erfahrung fehlt.
In diesem Jahr war in der Regenzeit deutlich weniger Regen. Auch für mich war jetzt, bei meinem dritten Besuch, das Klima sehr anstrengend. Durch die schlechte Ernte war diesmal auch der Hunger deutlich sichtbar, in der Klink sah ich die Mangelernährung. Wenn die Kinder eine Schüssel Reis mit Gemüse und Fisch bekamen, konnte ich kaum glauben, wie schnell alles aufgegessen war. Dies war dann oft die einzige Mahlzeit für den Tag.
Im vorigen Jahr hatte wir Kontakt zu Kaddy aufgenommen. Sie ist eine „Dentist Assistent“ und hat in einem von Deutschen geleiteten Health- Center eine dreimonatige Ausbildung zum „Zähne Ziehen“ absolviert.

Ein Foto beim Zahnarzt in ChangallyFüllungen und Zahnprothesen sind in dieser Region Gambias nicht denkbar. Kaddy kommt ca. alle sechs Wochen für zwei Tage, vorher gibt es einen Radiospot, so dass die Menschen informiert sind. Sie berät die Patienten ausführlich, benutzt Lokalanästhetika und kann auf Schmerzmedikamente und Antibiotika der Klinik zurück greifen.
Im letzten Jahr kamen 87 Patienten zu ihr, was sich zunächst nicht sehr viel anhört. Sie ist aber im Umkreis von 50 km die Einzige, die zahnmedizinisch helfen kann. Wenn man sich vorstellt, dass die Menschen oft nur mit dem Esels- oder Pferdekarren unterwegs sind, wird deutlich, wie wichtig dieses regionale Angebot ist.
Gesehen habe ich einen jungen Mann, der drei Jahre in Malawi gearbeitet hat und uns mitteilte, dass er keine Möglichkeit hatte, zum Zahnarzt zu gehen. Zwei Zähne waren vereitert und die Entzündung hatte sich durch die Wange einen Weg nach außen gesucht.
Auch andere Patienten hatten mit Entzündungen zu tun, teilweise konnten die Zähne zum Glück auch unproblematisch gezogen werden.

Ein Motorrad wird in einem kleinen Boot transportiertInsgesamt war ich zehn Tage in Changally. Nach meiner Arbeit vormittags in der Klinik, habe ich mich nachmittags um Organisatorisches bemüht. Es stand zum Beispiel ein Besuch im Garten an, der reaktiviert werden soll. Es sind Fragen zu klären, wie groß dass Gelände ist, was an Material benötigt wird oder wer dafür verantwortlich ist. Dies wird aber dann erst in Deutschland entschieden. Die Brunnen, die damals gebaut wurden, sind noch intakt.
Außerdem besuchte ich die Schule. Nach der letzten Regenzeit hat zum Schuljahresbeginn im September 2011 ein neuer Schulleiter angefangen. Die Klassenräume, sowie das Mobiliar der Schule waren in deutlich besserem Zustand, als bei meinen letzten Besuchen. Der Schulgarten soll ebenfalls wieder aktiviert werden, oft die einzige Versorgung der Kinder mit Gemüse.
Das World Food Programm fördert die Schulen mit Reis, Bohnen und Öl. Das alleine jeden Tag ist dann doch sehr karg. Ein wesentlicher Grund in die Schule zu gehen und auch von den Eltern geschickt zu werden, ist gutes Essen in der Schule.

Auf dem Markt in BasseDeshalb hilft der Verein jedes Jahr mit dem Kauf von Nahrungsmitteln. Gekauft werden Zwiebeln, Tomatenmark, Pfeffer und getrockneter Fisch. Der neue Schulleiter hat versprochen die Tradition wieder einzuführen, dass jedes Kind Erdnüsse mitbringt, die beim Kochen verwendet werden. Außerdem möchte er pro Quartal fünf Dalasi einsammeln (ca. 3-4 Cent), um frisches Gemüse dazu zu kaufen. Wie fast in jedem Jahr, stand auch diesmal ein Besuch in Basse an, um Material für die Klinik zu besorgen. Der Krankenpfleger Eduwardo und ich fuhren die drei Kilometer mit dem Motorrad zum Fluss, wobei die Straße so schlecht ist, dass man zu Fuß fast genau so schnell wäre. Anschließend wird mit der Fähre übergesetzt. Es folgt ein kurzer Fußmarsch in das Dorf von ca. einem Kilometer. Dort befindet sich dann die Hauptstrasse nach Basse. Diesmal kam sehr schnell ein Buschtaxi und wir waren nach 20 Minuten dort. Mitunter wartet man auch schon mal zwei Stunden, bis man eine Fahrtmöglichkeit bekommt. In Basse angekommen, kauften wir Dinge zum Instandhalten der Klinik, unter anderem vier Säcke Zement. Alles wurde in ein Taxi geladen. Ich hatte Sorge, dass die Zementsäcke den durchgerosteten Boden des Taxis durchbrechen könnten. Aber irgendwie funktionierte es doch, wie immer. Nach der Fährüberfahrt wurden die Materialien weiter mit dem Eselskarren zur Klinik transportiert.Bei uns dauert so ein Einkauf im Baumarkt eine gute Stunde, in Gambia waren wir fünf Stunden unterwegs. Den gleichen Weg haben Patienten, wenn sie in Changally nicht behandelt werden können.

Ein neugeborenes KindIn den 10 Tagen in Changally kamen zwei Kinder zur Welt. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie problemlos die Frauen gebären. Sie kommen immer sehr spät und entbinden in der Regel innerhalb von zwei Stunden. Das zweite Baby kam in der Nacht bei Kerzenbeleuchtung und hatte die Nabelschnur zwei Mal um den Hals geschlungen. Ganz ruhig und erfahren, hat Eduwardo die Nabelschnur um den Hals gelöst und das Kind sicher auf die Welt gebracht. Mutter und Kind gingen nach zwei Stunden nach Hause. Das Ganze bei der schlechten Beleuchtung ist für mich, die auch die hochtechnisierte Medizin in Deutschland kennt, immer wieder unglaublich.
Das war an meinem letzten Abend in Changally. Am nächsten Morgen ging es dann zurück an die Küste.

Viele Menschen auf einem LKWEin Auto bedeutet in Changally absoluten Luxus. Jeder der kann, nutzt die Fahrgelegenheit. Dementsprechend viele Menschen, Kinder und Transportgüter machten sich auf den Weg. Das kann man einfach nicht beschreiben, man muss es erlebt haben.
In Manjai freute ich mich sehr über das deutlich angenehmere Klima. Ich hatte das Gefühl, viel besser Durchatmen zu können und der Husten lies nach.
Jetzt waren es noch sechs Tage bis zur Abreise nach Deutschland. Es gab noch sehr viel zu tun. Mit der neuen Liste aus Changally packte ich dann die Medikamente für April bis Ende August.
Nach einem Gespräch mit einem befreundeten gambianischen Arzt, der in Heidelberg studiert hat, haben wir sehr viele Tipps erhalten, wie wir Medikamente von der Regierung bekommen, wie das Arbeitsleben in anderen Kliniken läuft und was generell noch möglich ist. Der kollegiale Austausch war wichtig für die weitere Arbeit in der Klinik.

Der Kindergarten in ChangallyAuch für den Kindergarten gab es noch einiges zu tun. Es wurden haltbare Nahrungsmittel bis zur Regenzeit gekauft. Dann ist der Kindergarten drei Monate geschlossen und öffnet Anfang September wieder.
Die zusammen mit den Medikamenten im Container angelieferten neuen Tretroller, Bollerwagen und Kettcar wurden zur Freude der Kinder übergeben.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell die Kinder Englisch lernen und bin fest davon überzeugt, dass diese so geförderten Kinder einen guten Start in der Schule haben werden.
Besonders schön fand ich am letzten Abend den Besuch einer jungen Frau, die aus Deutschland gesponsert wurde. Zunächst die Schule, dann eine Ausbildung in der Buchhaltung. Die junge Frau war nach der Ausbildung zwei Jahre arbeitslos, bevor sie eine Anstellung bekam. Jetzt ist sie zufrieden in ihrem Beruf und hat es wirklich geschafft.
Die erste Woche in Deutschland ist nach diesen Erfahrungen immer ganz besonders. Es sind derart unterschiedlichen Lebensumstände und doch ist es die gleiche Welt. Es fällt mir schwer, das zu begreifen.